Es schneit. Leise rieselt — an Ostern. An Karfreitag. Am stillen Karfreitag. Es rieselt der Schnee.
Immer wieder führen die — oftmals christlich geprägten — Feiertage zur Diskussion: Ob der Öffnungszeiten von Geschäften, ob der mit ihnen verbundenen Religion oder — wie heute — ob der an ihnen verordneten Stille. Ich schaue aus dem Fenster, beobachte die dicken Flocken und bin froh. Froh, dass mir ein Tag wie dieser aufoktroyiert wird. Natürlich sehe ich es nicht so. Ich mag entscheiden zu können ob und wann und wo. Ich mag mich frei entscheiden zu können. Aber ich nehme solch ein Angebot gern an und ich muss schmunzeln, wenn dann gerade an so einem banalen Thema wie einem Feiertag sich die Gemüter erhitzen. Gibt es nicht genug Ver- und Gebote von Oben™ über die man sich viel besser aufregen kann und sollte? Bei dem ganzen Gängelungswahn kann ich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn sich die Wut an den armen Festtagen entlädt, die den Menschen doch nun wirklich nur Gutes wollen! Feiertage sind doch toll! Der christliche Hintergrund kann mir doch ziemlich egal sein, wenn er mich nicht interessiert. Der Feiertag ist Chance und soll nicht Hürde sein!
Ein legitimierter, freier Tag mehr! Um zur Ruhe zu kommen. Um sich Gedanken zu machen. Um zurück zu blicken. Um den Verstorbenen zu gedenken. Wie vernagelt — ein Kalauer sei mir auch heute gegönnt – muss man sein, dies nicht zu schätzen! Ist es der Zwang? Entlädt sich nur, was sich Tag ein, Tag aus aufstaut? Weil man überall einstecken muss, wenn man sich nur ein Stück vom gesteckten Pfad entfernt? Wenn einem Tanz und Feierei von gestörten Nachbarn schon im Alltag torpediert werden, ist ein Aufbegehren am Feiertag ein — zwar bissiger, doch verständlicher — Reflex. Doch »Aug um Aug« ist selbst im Testament mit »alt« markiert.
Wenn der Alltag einen hetzt, dann ist es doch ganz wunderbar einmal innehalten zu können. Sich besinnen. Neuen Mut fassen. Gerade das Innehalten und das Wertschätzen des Geschaften und Geschaffenen wird heutzutage oft vergessen. Der scheubeklappte Blick ist strickt nach vorn gerichtet. Jetzt und Zukunft — zu mehr reicht die Zeit gar nicht. Weiter geht’s! Das ein gutes Ergebnis immer seine Zeit benötigt. Das ein gutes Produkt vor allen Dingen Ergebnis von intensiver Recherche und Planung ist. Das der Wert eines Produkts sich eben nicht nur durch seine Materialien bemisst. Es scheint kaum noch jemanden zu interessieren. Verwunderlich! Nennen wir uns doch gern selbst Dienstleistungs- oder Bildungsgesellschaft. Es wird zu oft nur noch auf die blanken Zahlen gestiert. Dabei ist es doch der Mensch, der zählt. Und es ist eben dieser Mensch, der auch einmal ein paar Stunden für sich und seine Lieben benötigt. Ein paar Stunden ohne Groll. Ein paar respektvolle Stunden. Feierstunden — auch mal still-ruhend, wie der See bei Schnee.
Dipl. Kommunikationsdesigner
@phneutral
DE, NRW, Wuppertal
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