Ich bin nicht erst seit dem ThePirateBay-Prozess in Schweden, der Zensurdebatte in Deutschland und dem guten Wahlergebnis bei der Europawahl Sympathisant der Piratenpartei. Interessant ist für mich — als netzaffiner Kreativer — an den Ideen und neuen Konzepten für die Verbreitung von Kunst und Kultur im Internet aktiv mitwirken zu können. Im digitalen Medium sind Prozesse und Mechanismen am Werk, die sich mit Gesetzen und Urteilen nicht mehr aufhalten lassen. Deshalb ist eine aktive Beteiligung an der Umgestaltung der Verwertung für mich der logische Schritt. Es ist sehr wichtig den Dialog mit der IT-lastigen Basis der Partei zu suchen, um ihr einen Blick aus der Sicht der kreativ schöpfenden Seite geben zu können, die sich nur allzu gern als die Guten(tm) gegen die bösen Piraten definieren. Eine ganz und gar falsche Annahme. Doch darum soll es in diesem Post nicht gehen, denn in der Diskussion gibt es immer wieder einen Punkt, der an Polemik nicht zu übertreffen ist: Wer so einen Namen hat, der kann doch nur eine Witzpartei sein.
In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob ich der Einzige war, der früher mit Lego die Piraten gespielt hat und die Soldaten doof fand. Da gab es diese Hörspiele, die ich mir erst letztlich wieder angeschafft habe (sogar ganz legal!). Bootsmann Willy und Käptn Roger sind die Helden. Gouverneur Breitseit und Leutnant De Martinez gierig und unbelehrbar. In gewisser Weise spiegelt sich hier die derzeitige Situation aus Sicht der Piratenpartei. Es gibt eine große Anzahl von Leuten, denen das Establishment (wenn man es denn so nenn will) zu ungelenk geworden ist. Die den Eindruck haben, dass es nur noch von Lobbyismus, Geld und Macht ferngesteuert wird und den Bürger und seine Rechte aus dem Blick verloren hat. Klar, das ändern zu wollen hat mit einer gehörigen Portion Idealismus zu tun. Ist es nicht auch dieser Idealismus, den man bei den Alteingesessenen vermisst? In zig Hollywoodproduktionen sind dennoch die Piraten die Helden, oftmals auf Grund ihres Idealismus. Beim »Fluch der Karibik« wäre ja wohl jeder gern mit dem sagenumwobenen Kapitän Jack Sparrow gesegelt. Zwar sind diese Filmpiraten Mistkerle, aber liebenswerte und vor allen Dingen freiheitsliebende. Und Freiheit ist das große Thema auf der Flagge der Partei.
Ist der Begriff »Pirat« wirklich so negativ besetzt, wie in der Öffentlichkeit immer behauptet wird, oder bin ich einfach nur ein hoffnungsloser Romantiker und kann deshalb gut mit dem Parteinamen leben? Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in der neunten Klasse aufgepasst habe und dem entsprechend weiß was Ironie ist. Den Seitenhieb auf die ewiggestrigen Musikmagnaten sollte eigentlich jeder, der auch nur eine (von den Plattenpressern illegalisierte) Musik- oder Filmdatei auf seinem Rechner hat, durchaus direkt verstehen. Verstehen sollte man allerdings auch, dass die Piraten eben nicht nur in der digitalen Realität für die Freiheit kämpfen. Bürgerrechte werden inzwischen überall beschnitten, der Mensch immer gläserner und die so genannte Demokratie (besser: Bürokratie) immer undurchsichtiger. Diesen Missstand zu beheben ist etwas, das uns alle angeht, ob wir den Namen »Piratenpartei« gut finden oder nicht.
Dipl. Kommunikationsdesigner
@phneutral
DE, NRW, Wuppertal
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