Am fünften Tag meiner Ägyptenreise im Januar diesen Jahres — Man! Man! Das ist ja auch schon wieder eine halbe Ewigkeit her — fuhren Micheal und ich mit dem Zug quer durch das Nildelta bis zum legendären Alexandria. Die Zugfahrt ist der Aussicht wegen der Autobahn vorzuziehen. Der fruchtbare Streifen längs des Nils ist eine willkommen grüne Abwechslung im sonst so sandigen Wüstenland. Allerdings kann es wohl sein, dass der Schienenverkehr an dem ein oder anderen Tag nicht stattfindet. Die Ägypter sehen es nicht so eng mit Fahrplänen und dergleichen. Alexandria ist nach Kairo die größte Stadt Nordafrikas, das kommt einem aber irgendwie nicht so vor. Zumindest im direkten Vergleich. Kairo ist riesig, dreckig, verstopft. Alexandria wirkt dagegen eher provinziell, offener, natürlicher. Bei weitem nicht so schmutzig. Das liegt wahrscheinlich auch an der See und der ominösen Vergangenheit, die zwar überbaut ist, aber überall ausgebuddelt wird.
Pompeiussäule
So auch an unserer ersten Station: Dem Serapeum von Alexandria mit der bekannten Pompeiussäule (Pompey’s Pillar, Amud El-Sawari). Das Ding ist echt riesig und man ist doch etwas traurig, dass nicht mehr von der imposanten alten Stadt übrig geblieben ist. Von der Tempelanlage selbst sieht man nur noch Bruchstücke, wie von vielen anderen Monumenten. Man errichtete zum Beispiel auf dem Fundament des ebenfalls berühmten antiken Leuchtturms 1480 das Kastell Qaitbay, das nach türkischen und britischen Angriffen stark zerstört und im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut wurde. Das Innere des Kastells selbst lohnt sich nicht. Es ist leer. Die gesamte Festung gleicht einer Hülle. Außen »hui«, innen »gähn«. Da helfen auch die drei bis fünf verrosteten Kanonenfragmente im Innenhof wenig. Dennoch lohnt sich der Blick von der Mauer über das tosende Mittelmeer auf der einen und das friedliche Hafenbecken auf der anderen Seite.
Katakomben von Kom El-Shuqafa
Spannender sind die Katakomben von Kom El-Shuqafa in denen man leider nicht photographieren darf. Hier treffen ägyptische und römische Religion aufeinander. Symbole und Götter der verschiedenen Glaubensrichtungen verweben sich. Interessante Überreste, die belegen, dass eben nie alles so getrennt von einander betrachtet werden darf, wie es in der Geschichtsschreibung gern getan wird. Ähnliches lässt sich von den alten koptischen Klöstern im Vadi Natrun in Bezug auf Christen- und Pharaonentum sagen — dazu demnächst mehr.
Bibliothek von Alexandria
Alexandria gibt sich weltoffen. Es wird viel Geld in die Ausgrabungsarbeiten, Wissenschaft und Kultur investiert — auch mit europäischen oder sogar explizit deutschen Fördermitteln. Allein aus diesem Grund sollte man sich die neue Bibliothek von Alexandria nicht entgehen lassen. Der Bau ist sehr modern und beeindruckend. Allerdings wird man als westlicher Besucher nicht umhinkommen das alles doch etwas befremdlich zu finden. Zumindest sollte man sich immer vor Augen halten, dass in Ägypten immer noch viel im Internet zensiert wird und Information nicht so frei ist, wie es bei der Führung mehrfach betont und versichert wird. Mir haben vor allen Dingen die Zusatzausstellungen gut gefallen. Die alten Pergamente und Schriftrollen mit wunderbaren Kaligraphien, historische Karten von Alexandria und eine Sonderschau für Shadi Abdel Salam. Wirklich Geld kann man im Übrigen sparen, wenn man einen Studentenausweis parat hat — bis zu 50%. Der muss noch nicht einmal gültig sein. Wichtig ist vor allen Dingen ein offizielles Aussehen und ein großer Schriftzug »Studentcard« ;)
Zurück nach Kairo
Danach waren Micheal und ich noch obligatorisch Fischessen (»Wenn, dann in Alexandria!«) bevor wir uns auf die Heimreise begeben haben. Eine lustige Anekdote aus dem Zug: In unserem Großabteil war eine Gruppe (ich schätze 15 bis 20) junger (ich schätze 13 bis 15), ägyptischer Mädels. Alle mit dicken Rucksäcken und Trollies ausstaffiert kamen sie wohl von einer Schulfreizeit. Erst habe ich es überhaupt nicht so wahrgenommen, doch dann wurde ich stutzig, denn sie unterhielten sich auf deutsch. Vor allem über andere Leute im Abteil oder wenn Fremde ihre Gespräche nicht mithören sollten. Jede von ihnen hatte zumindest einen iPod, wenn nicht sogar ein iPhone und so bekam ich einen kleineren Einblick in die betuchteren ägyptischen Familien bzw. ihren Nachwuchs. Ich hatte von Sebastian schon vorher mehrfach von den ausländischen Internaten Kairos gehört. Diese Gruppe kam ohrenscheinlich von der deutschen Schule. Die aufgeklärten Ägypter sind in diesem Punkt sehr vorbildlich, beinahe fanatisch. Ab dem zweiten Lebensjahr werden die lieben Kleinen in Sprachkindergärten ausländischen Erziehern übergeben und lernen gezielt eine Fremdsprache, die Vorraussetzung für die erwähnten Schulen sind.
Am Tag drauf waren wir wieder in Kairo unterwegs. Der Bericht kommt — Inschallah.
Dipl. Kommunikationsdesigner
@phneutral
DE, NRW, Wuppertal
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