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Our Digital Crisis

Unsere digitale Krise

I found a link to this text by Jonathan Harris on Swiss Miss. Because every single sentence echoed in my head in a German interpretation, I spontaneously wrote down this translation. Here we go:

Durch die Swiss Miss bin ich auf diesen Text von Jonathan Harris aufmerksam geworden und da ich jeden einzelnen Satz auf Deutsch im Kopf schwirren hatte, hab ich mich spontan entschlossen eine Übersetzung zu schreiben. Vorhang auf:

Das Internet lässt uns alle gleich aussehen. Es ist der Grund für eine Homogenisierung der menschlichen Identität.

Wir alle nutzen die gleichen Werkzeuge und sozialen Netzwerke, passen uns an die gleichen Schablonen, die von Unternehmen gestaltet werden, um Page Views und Profit zu maximieren (Es gibt auch Ausnahmen, zum Beispiel Craiglist).

Ein Großteil unserer Online-Erfahrungen ähnelt Fastfood: sie sind billig, einfach und machen süchtig. Sie stillen unseren Hunger nach Verbindung, aber ernähren uns nicht. Eingeschweißte Wegwerferlebnisse werden uns von den Social-Media-Firmen gratis hinterhergeworfen und wir saugen sie gierig auf, wie Kinder denen man einen Topf voll Süßigkeiten schenkt, deren Verpackungen mit Werbung zugekleistert sind.

Diese Erlebnisse sind weder für die Menschen noch für das menschliche Kollektiv gefühlsecht, sondern dienen nur den Page Views und dem unternehmerischen — nicht dem persönlichen, geistigen — Wachstum.

Daher ist es mehr als passend, dass die Unternehmen ihre früheren Kunden nun »Nutzer« nennen.

Während wir alle die selben Boxen ausfüllen, die selben Fragen beantworten und uns selbst in immer wieder den gleichen Arten und Weisen ausdrücken, könnten wir zu dem Schluss kommen, dass die Identitätenkonvergenz eine gute Sache ist, um uns zu einer globalen Einheit oder Massenempathie zusammen zu führen. Aber wahre Einfühlsamkeit entsteht nicht aus erzwungener Gleichheit, sondern indem man den Menschen hilft die Unterschiede jedes Einzelnen wertzuschätzen.

So großartig wie Onlineplattformen in der Breite funktionieren (hunderte Freunde, tausende Tweets), so schlecht sind sie für die Tiefe. Unsere Leben werden von Tag zu Tag oberflächlicher, während wir bei einer Geschwindigkeit von 1.609,344 km/h unsere Beziehungen zu Karikaturen reduzieren und unsere Persönlichkeiten auf Schaukästen beschränken.

Wir tauschen Selbstreflektion gegen Geschäftigkeit und Karriere, überfressen uns an ihr und ertrinken darin, ohne die brutale Gewalt zu realisieren, die wir uns auf eigene Gefahr selbst antun.

In den letzten hundert Jahren — vom Brief über Telephon und Fax und E-Mail und Chats und SMS zu Tweets — ist die Kommunikation immer schneller und kürzer geworden, doch wir nähern uns der Endgeschwindigkeit.

Ich bezweifle, dass es eine kürzere Form der Kommunikation als den Tweet gibt, bis wir (wieder) anfangen uns gegenseitig einsilbig anzugrunzen oder stillschweigend telepathisch zu kommunizieren. Kurze kommunikative Gesten können eben so wunderschön wie banal flach sein. Was wird also als nächstes kommen? Werden wir beim Tweet aufhören oder springen wir zurück in die andere Richtung, um uns plötzlich nach mehr Tiefe zu verzehren? Ich setze auf das Letztere.

Aber selbst wenn wir anfangen tiefere Gespräche zu verlangen, können wir die Zeit nicht zurückdrehen.

Das Momentum des technologischen Wachstums ist so stark, dass niemand seinen umfassenden Einfluss auf die Zukunft verhindern kann. Ob wir wollen oder nicht: Unsere Zukunft wird größtenteils digital sein.

Aber anstatt nun in die Wälder zu fliehen, müssen wir die Menschlichkeit in der Maschine finden und lernen sie zu akzeptieren. Falls wir entscheiden, dass es dort noch keine Menschlichkeit in einer akzeptablen Form gibt, dann ist es an uns sie zu erschaffen.

Noch ein kurzes Nachwort:
Der Text ist schwierig, denn er schmeißt verschiedenste Aspekte der Digitalisierung zusammen und quirlt sie (nicht immer ganz richtig) zusammen.

Jonathan Harris beachtet zum Beispiel nicht, dass der Inhalt eines Mediums natürlich immer flacher wird je breiter es streut (die Bildzeitung ist das beste Beispiel ;)) und die Bevölkerung wird nicht auf einmal tiefsinniger, wenn sie sich ins Internet begibt. Aber gerade die mehr und mehr um sich greifende, unbegründete, durch Holzmedien geschürte, fast hysterische Angst vor der digitalen Entwicklung (hier in Deutschland kürzlich Street View, immer wieder StudiVZ und Facebook), kann nur kontraproduktiv sein.

Bevor man also von den »Nutzern« geistige Höchstleistungen verlangt, muss man Verständnis und Erkenntnis fördern. Medienkompetenz ist gefragt: kritische, aber nicht abweisende Betrachtung, sinnvolle und nicht naive Nutzung. Insofern sind besonders die letzten Absätze ungeheuer wichtig. Wir dürfen nicht den Fortschritt verteufeln, sondern müssen ihn aktiv mitgestalten.

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Christopher Reinbothe

Dipl. Kommunikationsdesigner
@phneutral
DE, NRW, Wuppertal

THE END

Jedes Ende ist auch ein Anfang sagt man und es gibt nichts, das man ewig haben kann.